Jugend,- Aktions- und Projektwerkstatt Jena

Herzlich willkommen auf unserer Webseite!

In unserer Projektwerkstatt wollen wir jungen Menschen selbstbestimmt und ohne Zwang die Möglichkeit geben, sich mit Politik und Gesellschaft auseinander zu setzen.

Wir beschäftigen uns vor allem mit den Themen Faschismus, Rassismus, Sexismus und Antisemitismus, kurz ‒ mit all jenen Ideologien, die Diskriminierung, Unterdrückung und/ oder Verfolgung anderer Menschen mit sich bringen.

Grundkonsens unserer Arbeit ist ein Menschenbild, das vom freien Individium ausgeht. Damit das nicht nur Schlagworte bleiben, mischen wir uns ganz konkret in diesen Bereichen ein: mit Vorträgen, Diskussionen, Infoveranstaltungen, Demos, Kundgebungen und allem, was uns und euch noch so einfällt.

Wir sind dabei stets offen für Ideen und unterstützen Menschen, die eigene Projekte auf die Beine stellen wollen.

In den vergangenen Jahren haben wir gemeinsam mit anderen Gruppen und Einzelpersonen eine Broschüre zu Nazi-Aktivitäten und -Strukturen in Jena herausgegeben und beteiligten uns an der Organisation verschiedener Antinaziaktivitäten, wie dem europäischen Nazi-Event "Fest der Völker". In unserem offenen Infocafé gibt es eine große Anzahl von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen zu verschiedensten Themen. Außerdem gibt es ein offenes Internetcafé. Wenn ihr euch ein eigenes Bild von uns und unserer Arbeit machen wollt ‒ kommt einfach vorbei.

Texte

Die Verteidigung des schönen Scheins

Heute findet in Jena die Rock'n'Roll Arena statt, wahlweise "gegen Rechts" oder "für die bunte Republik Deutschland". Man will ein Zeichen setzen gegen den sogenannten "Rechtsextremismus" und gegen Fremdenfeindlichkeit. Neben der Chance zum Bekenntnis "gegen Rechts", soll ein Aufgebot an mehr oder weniger prominenten Künstler_innen und freier Eintritt dafür sorgen, dass viele tausend Menschen kommen. Alle, egal aus welchem Grund sie teilnehmen, können so als Demonstrant_innen verbucht werden, für Toleranz und gegen Nazis.

Nach dem Bekanntwerden der Morde der Nazis Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe und der medialen Aufmerksamkeit für organisierte Nazis und deren Strukturen sehen Landes- und Kommunalpolitiker_innen den Ruf Thüringens bedroht. Während direkt nach dem Bekanntwerden der Tat von "Betroffenheit" und "Trauer" die Rede war und man plötzlich den Opfern rechter Gewalt gedachte, sind diese nun schon wieder in den Hintergrund getreten. In Jena brauchte es gerade einmal eine Woche Zeit und dazu einen schlechten Fernsehbeitrag des ZDF. Von den Opfern rechter Gewalt spricht nun niemand mehr. Auch die Lippenbekenntnisse des Stadtrates ("Neben möglichen Versäumnissen und Fehleinschätzungen müssen wir feststellen, dass bereits in den 1990er Jahren ausgesprochene Warnungen nicht ernst genug genommen worden sind") sind bereits vom Tisch.

Im Beitrag des ZDF wurde Jena in schlechtem Licht dargestellt, dem wollen sich die Jenaer Bürger_innen widersetzen. Gute Werbung muss her, um den Standort und die Heimat zu schützen. Was implizit schon in der Vorbereitung mitschwang, bringt Clueso nun noch einmal auf den Punkt, damit es auch der Letzte begreift: "Ich möchte gerne und ohne mich zu schämen, sagen können 'Ich bin stolz Thüringer zu sein' und ich mag es auch Deutscher zu sein."

Denjenigen, die tatsächlich ein "Zeichen" setzen und gegen Nazis demonstrieren wollen, geht es vor allem um die Selbstvergewisserung, doch alles nötige getan zu haben und zu tun. Der schöne Schein soll gewahrt werden, vor allem in Jena. Das Maß für "Naziprobleme" ist die Anzahl von Kundgebungen und Aufzügen der organisierten Nazis. Dieser schöne Schein ist ein Exportschlager: kein Naziaufmarsch, keine Probleme. Der Fokus liegt auf NPD und Kameradschaften. Diese sind gemeint, wenn von Nazis und deren "menschenfeindlicher Ideologie" gesprochen wird, eine kleine Minderheit gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, sogenannte Extremisten. Es gilt, jede inhaltliche Auseinandersetzung zu vermeiden.

Was passiert, wenn am schönen Schein gekratzt wird, bekamen der Autor Steven Uhly und die Redaktion des ZDF Magazins "Aspekte" zu spüren. Mehr als 4000 forderten per Onlinepetition eine Entschuldigung. Jena empörte sich, und die Rede von der Empörung blieb keine plakative Phrase: zahlreiche veröffentlichte Beiträge und offene Anfeindungen gaben Uhly recht und vor allem Grund, Angst zu haben.

Die Empörung ist die Absage an Kritik und Reflexion. Genau diese würde den schönen Schein einreißen. Denn während die organisierten Nazis eine Minderheit sind, ist die zu Grunde liegende Ideologie gesellschaftlich tief verwurzelt.

Antisemitismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, der Hass auf Individualität und Differenz sind keine Ideologien gesellschaftlicher "Randgruppen". Das zeigen exemplarisch die Ergebnisse des Thüringen-Monitors und die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung "Die Mitte in der Krise".

Die heutige Veranstaltung wird nichts zur Aufklärung beitragen. Sie wird keinen Beitrag gegen diese Ideologien leisten, sondern verharmlosen und relativieren. Sie wird die Opfer rechter Gewalt für Politik missbrauchen. Kurz: es wird eine Manifestation der Widerwärtigkeit.

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Von nichts gewusst?

Eine Redebeitrag der JAPS, gehalten am 18.11. auf der Kundgebung von Aktionsnetzwerk und Aktionsbündnis in Jena

Mit “Betroffenheit und Empörung” reagieren Politiker und Bevölkerung auf die sogenannten “Enthüllungen” rund um das Trio Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt und ihre Verbindung zum Thüringer Heimatschutz. Von einer “neuen Qualität” ist die Rede. Doch was ist eigentlich neu?

Am 7.Januar 1990 starb Mahmud Azhar, das erste Todesopfer rechter Gewalt im wiedervereinigten Deutschland. Spätestens an diesem Tag musste auch dem Letzten auffallen, dass Nazis noch immer morden. Bis heute folgten mindestens 181 weitere Todesopfer. Nicht immer waren die Täter in neonazistischen Gruppen organisiert, aber alle hatten sie die gleichen Motive.
Die Gewalt und die Mordlust der Nazis von heute, ihre Ideologie und die Vernetzung untereinander sind nicht neu. Journalist_innen wie Andrea Röppke und Patrick Gensing arbeiten seit Jahren zu diesen Themen. Projekte wie Mut gegen rechte Gewalt oder Mobit Thüringen sammeln und veröffentlichen regelmäßig Informationen darüber. Darüber hinaus berichten Antifaschistische Gruppen über Nazi-Strukturen und deren Aktivitäten.

Über die Thüringer Neonazi-Szene und ihre Vernetzung haben Antifaschisten allein in Jena in den letzten Jahren zwei Broschüren veröffentlicht. In den letzten Tagen wurden zahlreiche alte Beiträge und Presseberichte aus den Archiven gekramt. Dabei waren die Verbindungen des Nazi-Trios zu lokalen Kadern wie Andre Kapke, Ralf Wohlleben oder Patrick Wieschke hinlänglich bekannt, ihre Gewaltbereitschaft mehrfach unter Beweis gestellt.
Der Grund gerade jetzt betroffen und empört zu sein, wäre also allenfalls die eigene jahrelange Ignoranz.

Viele Antifaschisten sprechen jetzt von Trauer und Wut, es gibt Kundgebungen und Demonstrationen, wie heute hier. Das alles ist Ausdruck von Ohnmacht und Verzweiflung und so werden alte Parolen wieder ausgepackt: Verfassungsschutz abschaffen, Rassismus bekämpfen, antifaschistischen Selbstschutz organisieren, zurückschlagen. Wenn die Wut spricht, hört das Denken auf. Wir lassen uns von der eigenen Ohnmacht dumm machen.

Wollen wir wirklich darüber diskutieren, wie der Staat seine Repression zu organisieren hat? Wissen wir denn, wie wir Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpfen können? Glauben wir wirklich, dass der beschworene Antifaschistische Selbstschutz hier das Morden verhindert hätte?

Bemerken wir noch unsere eigene Widersprüchlichkeit? Wieso fällt uns erst jetzt die Menschenverachtung, die aus der Bezeichnung "Dönermorde" spricht, auf? Wieso sprechen wir erst jetzt von Trauer? Warum werden jetzt, wo wir wissen, dass Nazis die Täter waren, Blumen niedergelegt?

In Politik und Medien werden als Reaktion auf die Morde stärkere Überwachung, Zentralregister und die Intensivierung der Arbeit des Verfassungsschutzes gefordert. Schon jetzt ist wieder die Rede vom Kampf gegen “Extremismus”. Motive wie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit werden unter Kategorien wie “demokratiefeindlich” subsumiert. Diese Kategorisierung genügt dabei lediglich der Legitimation von Repression. Die Unterscheidung zwischen Sachbeschädigung und Mord hat nur noch statistische Bedeutung. Und so finden sich Antifaschisten in einem Topf mit Nazis wieder. Wir beschweren uns darüber, weil wir vergessen, was Staat überhaupt ist.

Was können Antifaschisten denn tun? Wir haben keine Antwort. Vielleicht wäre es ein Anfang, von den einfachen Erklärungen und Lösungen Abstand zu nehmen. Vielleicht wäre es ein Anfang, die Bestandteile der Ideologie der Nazis klar zu benennen und zu differenzieren: Antisemitismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, den Hass auf Individualität und Differenz. Denn genau diese Ideologien sind kein Phänomen gesellschaftlicher “Randgruppen”, sondern tief verwurzelt in der deutschen Bevölkerung. Das zeigen exemplarisch die Ergebnisse des Thüringen-Monitors und der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass sich in den letzten Jahren immer mehr Menschen aktiv gegen Demonstrationen der rechten Szene wenden.

Was kann man also tun? Wir wissen es auch nicht so genau, aber eins ist sicher: Solange wir uns an den Nazis und ihren Events abarbeiten, wird sich nichts ändern.

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Material

Broschüren:

Nicht vom Himmel gefallen Nicht vom Himmel gefallen
Rechtsextreme Strukturen in Jena Rechtsextreme Strukturen in Jena

Zeitschriften

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Regelmäßig erscheindende Zeitschriften:

Broschüren von verschiedenen Initiativen:

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