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OTZ vom 02.07.2009

Über 300 Jenaer protestieren gegen Neonazi-Wahlkampfauftakt - Endstation Tiefgarage

Von OTZ-Redakteur Frank Döbert

Jena. Es hatte der Auftakt der Wahlkampagne der NPD Thüringen für die Landtagswahl werden sollen, doch endete die Aktion, wie sie hintersinniger nicht sein könnte: in der Tiefgarage der Neuen Mitte als letzter Zufluchtsstätte vor über 300 Demonstranten, die gefordert hatten: Nazis raus!

Begonnen hatte der Aufmarsch von 15 Neonazis und drei Deutschland-Fahnen gegen 9 Uhr, als sie von der Neuen Mitte, wo sie ihre Fahrzeuge geparkt hatten, Stellung auf dem Johannisplatz bezogen. Der war ihnen im Kooperationsgespräch zugewiesen worden, da aufgrund der Verkehrsumleitungssituation ausgeschlossen war, vor der Wagnergasse wie von den Neonazis geplant eine Mahnwache gegen Islamisierung abzuhalten. Doch schon zu Beginn ihrer Ersatz-Mahnwache sah sich der Trupp einer 20-fach größeren Demonstrantenschar gegenüber, die von einer Vielzahl von Polizeibeamten aus Jena, Erfurt und Nordhausen auf Distanz gehalten wurde. Doppelt eingekreist und einem Dauertrillerpfeifenkonzert ausgesetzt, vermochten die Neonazis der Situation nicht viel abzugewinnen und signalisierten, den Rückzug antreten zu wollen. Das Vorhandensein von zuviel Demonstrationsmasse verhinderte allerdings den kurzen Weg in die Tiefen des Einkaufstempels. So führte ihr Weg über den Heinrichsberg, den Fürstengraben, Eichplatz und Kollegiengasse zur Tiefgarage. Von da an war guter Rat teuer und das Rauskommen das größte Problem. Denn Jena sollte am gestrigen Tag nur der Auftakt sein und ein Aufmarsch in Erfurt das eigentliche Ziel. So war die Forderung der Demonstranten Nazis raus auch eher symbolisch gemeint, denn sie einfach nach Erfurt ziehen zu lassen, erschien im höchsten Maße unsolidarisch. Überrascht mussten Polizei und Versammlungsbehörde zur Kenntnis nehmen, dass sich spontan Sitzblockaden bildeten und man die so in der Falle sitzenden Neonazis nicht so einfach an den noch etwa 200 Personen würde vorbeischleusen können. 11.15 Uhr handelte dann die Polizei. Sie bildete an der Ausfahrt in Richtung Rathaus einen Keil und machte damit den Weg frei für die Neonazi-Fahrzeuge. Wie die Polizei erklärte, soll sich darin auch Equipment für Erfurt befunden haben.

Hatte es bereits schon am Heinrichsberg Szenen gegeben, die belegten, dass die von der Polizeidirektion Jena ausgegebene Devise der Deeskalation nicht bei allen Beamten angekommen war, so galt dies auch für die Situation an der Tiefgarage. Völlig überzogen reagierten auswärtige Beamte selbst nachdem die Fahrzeuge der Neonazis sich bereits entfernt hatten. So erhielt Franziska, eine 23-jährige Studentin, einen wuchtigen Faustschlag ins Gesicht. Wir sind einfach nur traurig, dass das in Deutschland immer noch möglich ist, sagte geschockt ihr Freund Marco, ebenfalls Student. Andere wurden brutal beiseite geworfen oder an den Haaren gezogen. Die Gewährung des Rechtes auf körperliche Unversehrheit sei einer der Grundsätze gewesen, nach denen der angemeldete Aufzug der Rechten zu schützen gewesen sei, so hatte Polizeidirektor Heiko Schmidt beim Pressegespräch im Nachgang betont. Im Fall der Vorgänge an der Tiefgarage muss dieses Recht offenbar jedoch nur eingeschränkt gegolten haben. Die Übergriffe auf die Demonstranten (die von Polizisten auch als Mob und Langzottlige herabgewürdigt wurden) dort und an anderen Stellen sind jedoch auf Video dokumentiert. Die Aufnahmen werden jetzt von dem aus Rechtsanwälten bestehenden Legal Team des Aktionsnetzwerkes gegen Rechtsextremismus auf Straftaten geprüft.

Das Aktionsnetzwerk resümierte, es sei gelungen, den Nazis in Jena ein Wahlkampf-Desaster zu bereiten und ihr Erscheinen in Erfurt platzen zu lassen. Die Polizei, erklärte, dass trotz der komplizierten Situation die Deeskalationsstrategie aufgegangen sei und weder Demonstranten noch Polizisten verletzt wurden, der OB, dass sich das enge Zusammenspiel zwischen Stadt und Polizei bewährt habe wie auch seine persönliche Anwesenheit am Ort des Geschehens - bei aller Neutralität im Amt. Sechs Demonstranten waren erkennungsdienstlich behandelt, einer, ein Gewerkschaftsmitarbeiter, vorübergehend festgenommen worden.